NADA informiert über Änderungen und Vorschläge aus deutscher Sicht
Bonn, 3. August 2007 - Es ist der berechtigte Wunsch der deutschen Sportler, dass der Anti-Doping-Kampf weltweit vereinheitlicht wird, um gleiche Chancen für alle zu schaffen. Unter anderem aus diesem Grund steht derzeit die Revision des World Anti Doping Codes (WADC) und der International Standards for Testing (IST) an; beides soll im November verabschiedet werden. Der überarbeitete WADC soll vor allem eine Harmonisierung der Anti-Doping-Regeln und eine Konkretisierung der Dopingkontrollabläufe schaffen. Die IST gelten künftig verbindlich für alle Nationalen Anti Doping Organisationen, während der WADC Raum lässt und Raum lassen muss für die unterschiedlichen Anforderungen der unterschiedlichen Systeme. Zum Beispiel ermittelt und sanktioniert die gut ausgestattete französische Agentur in allen Dopingfällen, während in Deutschland sowohl Ermittlungs- wie auch Sanktionshoheit derzeit bei den Verbänden liegen. Andere Agenturen machen Trainings- und Wettkampfkontrollen, während die NADA die Trainingskontrollen organisiert, aber die Wettkampfkontrollen in den Händen der Veranstalter und/oder der Verbände liegen. Auch die NADA hat den Stiftungsauftrag, auch die Wettkampfkontrollen zu organisieren, das ist aber bei der derzeitigen Ausstattung noch nicht umsetzbar.
Die NADA begrüßt ausdrücklich, dass die bisher unzureichenden Regelungen im WADC und in den IST bezüglich der Meldepflichten klarer und schärfer gefasst werden sollen. Der NADA-Code sanktioniert diese Verstöße härter als WADC/IST. Künftig soll im WADC/IST die Mindeststrafe bei Meldepflichtverstößen von bisher drei Monaten auf ein Jahr erhöht werden, allerdings gilt nach wie vor erst dritte Verstoß innerhalb von 18 Monaten als sanktionspflichtiger Erstverstoß. Der NADA-Code sieht hingegen bereits jetzt eine Öffentliche Verwarnung beim ersten Verstoß, drei Monate Sperre beim zweiten und ein Jahr Sperre beim dritten Verstoß innerhalb von 18 Monaten vor. Die härtere Sanktionierung durch den NADA-Code hat ihren Grund darin, dass die Effektivität des Trainingskontrollsystems in Deutschland mit einer sehr großen Anzahl von Athleten (rund 9000) nicht gefährdet werden soll. Die Erstsanktion durch eine Öffentliche Verwarnung soll den Athleten vor der Begehung weiterer Meldepflichtverstöße abschrecken, ihn aber im internationalen Vergleich nicht unverhältnismäßig benachteiligen.
In den neuen IST ist auch vorgesehen, dass Athleten des Registered Testing Pools 60 Minuten pro Tag für Dopingkontrollen verfügbar sein müssen. Zeit und Ort hat der Athlet vierteljährlich im Voraus anzugeben. Wird er während der von ihm angegebenen Stunde am angegebenen Ort von den Kontrolleuren nicht angetroffen, ist ein Meldepflichtverstoß anzunehmen. Diese Regelung erleichtert zwar die Justitiabilität eines Verstoßes, doch effektiv sind Dopingkontrollen nur dann, wenn der Athlet unangekündigt kontrolliert werden kann. Zwar sehen die IST vor, dass der Athlet auch in den restlichen 23 Stunden kontrolliert werden kann, aber er wird nicht sanktioniert, wenn er nicht angetroffen wird und kann sich also ungestraft allen Kontrollversuchen außerhalb der angegebenen Stunde entziehen. Aus deutscher Sicht ist die derzeitige Abmeldepflicht bei einer Abwesenheit von mehr als 24 Stunden vom gewöhnlichen Aufenthaltsort diesem Verfahren vorzuziehen. Denn die NADA sorgt sich, dass sonst die Effektivität von Dopingkontrollen zurückgeschraubt wird. Es muss gewährleistet sein, dass der Athlet nicht nur zur verabredeten Zeit von einer Stunde für unangemeldete Kontrollen zur Verfügung steht. Die NADA hat zudem Sorge, dass die Verfügbarkeit während einer Stunde ausschließlich der Abschreckung und nicht der Aufdeckung dient und es somit fraglich ist, ob diese Abschreckungsfunktion die hohe Anforderung an einen Athleten rechtfertigt. Schließlich muss er den 60-Minuten-Zeitraum und -Ort vierteljährlich im Voraus für jeden Tag abgeben.
Der NADA wäre zudem wichtig, dass die WADA als zentrale weltweite Anti Doping Agentur stärker als bisher Empfehlungen für die Einführung von Blutprofilen, Sportlerpässen und ähnlichem geben würde, was von manchen Verbänden bereits eingeführt ist. Die NADA könnte sich vorstellen, dass als Konsequenz Internationale Meisterschaften vorübergehend nicht an Länder vergeben werden, die derartige Empfehlungen nicht beachten.
Die NADA setzt sich auch dafür ein, eindeutige Verfahren für die Erteilung der medizinischen Ausnahmegenehmigungen (Therapeutic Use Exemptions, TUEs) zu entwickeln und empfiehlt TUE-Zertifizierung. Vor allem aber sollten die Ausnahmegenehmigungen gegenseitig anerkannt oder zwingend Informationen ausgetauscht werden sowie Regelungen gefunden werden, wenn ein Verband untätig bleibt.
Klare Regelungen erwartet die NADA auch darüber, wie sich vorläufige Suspendierungen bei positiven A-Proben auswirken, um eine Ungleichbehandlung von Athleten verschiedener Nationen zu vermeiden und die sanktionierenden Organisationen vor möglichen Schadenersatzansprüchen bewahren. Allerdings sollten Einzelfallbehandlungen in diesem sensiblen Bereich zugelassen werden. Dem Athleten sollte vor Ausspruch einer vorläufigen Suspendierung zwingend die Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt werden. Der WADC sieht auch keine Regelung vor der Rückkehr in den aktiven Sport vor, während der NADA-Code eine Meldung neun Monate vor Rückkehr vorsieht. Vor allem sollte auch eine Mindestzahl an Kontrollen vorgeschrieben werden, denen sich ein Athlet vor seiner Rückkehr in den aktiven Sport unterziehen muss. Und der Athlet sollte auch nachträglich noch sanktioniert werden können, wenn Dopingverstöße, die er während seiner aktiven Laufbahn begangen hat, im Nachhinein aufgedeckt werden.
Der WADC unterscheidet bisher nicht zwischen Erwachsenen und Heranwachsenden/Jugendlichen. Der NADA wäre es wichtig, dass (wie im Strafrecht) ein geringerer Strafrahmen möglich sein könnte, abhängig von Alter, Einsichtsfähigkeit/Zurechnungsfähigkeit und Abhängigkeit von Trainer, Betreuern und Eltern. Denn die Sanktionen bedeuten erhebliche Eingriffe in das sportliche und gesellschaftliche Leben eines Sportlers. Auch die Veröffentlichung sollte für Athleten zwischen 14 und 18 Jahren deshalb anders geregelt werden.
Die NADA hat in Zusammenarbeit mit dem BMI und dem DOSB diese Vorschläge und Änderungswünsche der WADA mitgeteilt.