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Fallstricke bei der Verwendung von Nahrungsergänzungsmitteln und wie man sie vermeidet

25.09.2024

Proteinpulver, Vitamintabletten, Sportriegel oder Kreatintabletten – auf dem Markt gibt es eine riesige Auswahl an Nahrungsergänzungsmitteln (NEM). Fast jede oder jeder hat diese schon einmal in irgendeiner Form zu sich genommen oder nimmt sie sogar regelmäßig ein. So vielfältig wie die Darreichungsformen der NEM sind auch die Gründe, die gerade Sportlerinnen und Sportler dazu bringen, Nahrungsergänzungsmittel zu sich zu nehmen. Beispielsweise, um die eigene Leistungsfähigkeit optimieren zu wollen. Kein Wunder, denn die Herstellerinnen und Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln versprechen mit ihren Produkten oft mehr, als wissenschaftlich bewiesen ist.1

Dabei spielt die Werbung, z. B. über soziale Netzwerke, Influencerinnen und Influencer oder Online-Shops, eine große Rolle. Das Problem: Nahrungsergänzungsmittel gelten rechtlich als Lebensmittel und unterliegen daher keinem Zulassungsverfahren wie z. B. Arzneimittel. Festlegungen zu zugesetzten Inhaltsstoffen und deren Höchstmengen fehlen.Nahrungsergänzungsmittel werden nur stichprobenartig von der Lebensmittelüberwachung überprüft. Dennoch bewerben die Herstellerinnen und Hersteller ihre Produkte teils mit unzulässigen Gesundheitsversprechen oder reichern sie sogar mit verbotenen Substanzen an. Die Brisanz des Problems wurde beispielsweise durch eine europaweite amtliche Kontrollaktion im Jahr 2018 deutlich: Die Behörden fanden fast 800 nicht verkehrsfähige Angebote auf 1.100 geprüften Internetseiten.3

Daraus ergeben sich eine Reihe von Fallstricken, die vor der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln bedacht werden sollten:

Qualitäts- und Reinheitsprobleme:

Nicht alle Nahrungsergänzungsmittel sind gleichwertig. Einige Produkte können Verunreinigungen oder nicht deklarierte Inhaltsstoffe enthalten, die gesundheitsschädlich oder verboten sind.4

Für Sportlerinnen und Sportler besonders relevant: Einige Nahrungsergänzungsmittel können mit Substanzen verunreinigt sein, die auf der Verbotsliste der Welt Anti-Doping Agentur WADA stehen. Dies kann unbeabsichtigt zu positiven Dopingtests führen. Häufige Kontaminanten sind Oxilofrin, Methylhexanamin und Sibutramin.Diese Substanzen werden insbesondere in NEM gefunden, deren Wirkung in der Werbung dem Fettabbau zugeschrieben wird. Ebenfalls bekannt sind Verunreinigungen mit Amphetaminen, anabolen Substanzen und Peptidhormonen. Dies sind nur Beispiele, die zeigen, dass eine große Zahl von dopingrelevanten Substanzen in NEM nachgewiesen wurde.6 Kontaminationen mit Dopingsubstanzen oder anderen gesundheitsschädlichen Mitteln sind durch bewusste Beimischung oder mangelnde Qualitätssicherungsmaßnahmen erklärbar. Sie sind daher auf den Verpackungen in der Regel nicht deklariert. Hier ist also besondere Vorsicht geboten.

Irreführende Gesundheitsversprechen und unzureichende wissenschaftliche Belege:

Einige Nahrungsergänzungsmittel werden mit übertriebenen oder falschen Gesundheitsversprechen vermarktet, die oftmals wissenschaftlich nicht erwiesen sind. Dies kann dazu führen, dass die gewünschte Wirkung nicht erzielt wird und Nahrungsergänzungsmittel zu einer Kostenfalle werden.

Überdosierung:

Hohe Dosen von Vitaminen und Mineralstoffen können toxisch wirken. Beispielsweise können übermäßige Mengen an Vitamin A Leberschäden verursachen.7 Bei der Supplementierung von Mineralstoffen wie Magnesium oder Calcium ist zu beachten, dass die gleichen Transportmechanismen für unterschiedliche Mineralstoffe genutzt werden. Bei der Einnahme einzelner Mineralstoffe kann es daher zu einer verminderten Verfügbarkeit anderer kommen.8 Es ist daher relevant zu wissen, welche Nährstoffe individuell supplementiert werden müssen.

Wechselwirkungen mit Medikamenten:

Nahrungsergänzungsmittel können die Wirkung von Medikamenten verstärken oder abschwächen. Zum Beispiel kann Johanniskraut die Wirksamkeit von Antidepressiva, Antibabypillen und Blutverdünnern beeinflussen.9 Mineralstoffe können einen Einfluss auf die Wirkung von Arzneimittel wie Antibiotika oder Schilddrüsenhormone habe.10

Tipps für die Nutzung von NEM

Um diese Fallstricke zu vermeiden, ist es ratsam, vor der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln mit einer Ärztin, einem Arzt, einer Ernährungsberaterin oder einem Ernährungsberater zu sprechen, insbesondere wenn bereits Medikamente eingenommen werden oder gesundheitliche Probleme vorliegen. Jeder Mensch hat unterschiedliche Ernährungsbedürfnisse und gesundheitliche Voraussetzungen. Was für eine Person vorteilhaft sein kann, kann für eine andere schädlich sein.

Solltet ihr NEM einnehmen müssen oder wollen, wählt ausschließlich Produkte, die von der Kölner Liste® geprüft wurden. Die Kölner Liste® bietet herstellenden Unternehmen die Möglichkeit zur Selbstauskunft über ihre Produkte. Die Veröffentlichung eines Produkts auf dieser Liste gibt jedoch keine hundertprozentige Garantie das Produkte möglicherweise dennoch verunreinigt sind, das Risiko ist aber minimiert. Außerdem sollten Leistungssportlerinnen und -sportler bei einer Dopingkontrolle die eingenommenen NEMs in das Dopingkontrollformular eintragen.

Eine vollwertige Ernährung deckt bei gesunden Sportlerinnen und Sportlern den Nährstoffbedarf vollständig ab.11 Eine ausgewogene Ernährung, die zu den individuellen Bedürfnissen passt, ist dabei wichtig.

Es gibt wenige Ausnahmesituationen, in denen Sportlerinnen und Sportler in Betracht ziehen sollten, ihre Ernährung mit NEM zu unterstützen. Dazu zählen z. B. Gewichtsklassen-Sportarten, vegetarische/vegane Ernährung oder eine eingeschränkte Lebensmittelauswahl, wie es auf Reisen der Fall sein kann.12

Ein kritisches und informiertes Herangehen an die Verwendung von Nahrungsergänzungsmitteln kann helfen, potenzielle Risiken zu minimieren. Grundsätzlich solltet ihr die Einnahme von NEM stets überdenken und euch über die potenziellen Gefahren informieren, insbesondere in Bezug auf das Risiko, durch NEM in eine Dopingfalle zu geraten.13

Bei Fragen oder Unsicherheiten zu dem Thema steht unser Ressort Medizin jederzeit zur Verfügung.

Außerdem können auf der Webseite der Verbraucherzentrale tiefgehende Informationen zu verschiedenen Arten von NEM gefunden werden.


[1] Verbraucherzentrale Hamburg (27.03.2023) Wie gefährlich sind Nahrungsergänzungsmittel? www.vzhh.de/themen/lebensmittel-ernaehrung/nahrungsergaenzungsmittel/wie-gefaehrlich-sind-nahrungsergaenzungsmittel

[2] Nationale Anti Doping Agentur (13.05.2024) UEFA EURO 2024: #Heimspiel für Fairness mit Angela Clausen. www.youtube.com/watch

[3] Verbraucherzentrale Hamburg (27.03.2023) Wie gefährlich sind Nahrungsergänzungsmittel? www.vzhh.de/themen/lebensmittel-ernaehrung/nahrungsergaenzungsmittel/wie-gefaehrlich-sind-nahrungsergaenzungsmittel

[4] Nationale Anti Doping Agentur (15.05.2024) UEFA EURO 2024: #Heimspiel für Fairness mit Angela Clausen. www.youtube.com/watch

[5] U.S. Anti-Doping Agency (2016) Supplement 411: realize, recognize, reduce. U.S. Anti-Doping Agency, ColoradoSprings 65.
Thevis M, & Schanzer W (2016) Emerging drugs affectingskeletalmusclefunctionandmitochondrial biogenesis – potential implicationsfor sports drug testing programs. Rapid Commun Mass Spectrom 30:635–65

[6] Parr, M. K., Schmidtsdorff, S., & Kollmeier, A. S. (2017). Nahrungsergänzungsmittel im Sport–Sinn, Unsinn oder Gefahr. Bundesgesundheitsblatt-Gesundheitsforschung–Gesundheitsschutz, 60.

[7] Parr, M. K., Schmidtsdorff, S., & Kollmeier, A. S. (2017). Nahrungsergänzungsmittel im Sport–Sinn, Unsinn oder Gefahr. Bundesgesundheitsblatt-Gesundheitsforschung–Gesundheitsschutz, 60

[8] Parr, M. K., Schmidtsdorff, S., & Kollmeier, A. S. (2017). Nahrungsergänzungsmittel im Sport–Sinn, Unsinn oder Gefahr. Bundesgesundheitsblatt-Gesundheitsforschung–Gesundheitsschutz, 60

[9] Parr, M. K., Schmidtsdorff, S., & Kollmeier, A. S. (2017). Nahrungsergänzungsmittel im Sport–Sinn, Unsinn oder Gefahr. Bundesgesundheitsblatt-Gesundheitsforschung–Gesundheitsschutz, 6

[10] Parr, M. K., Schmidtsdorff, S., & Kollmeier, A. S. (2017). Nahrungsergänzungsmittel im Sport–Sinn, Unsinn oder Gefahr. Bundesgesundheitsblatt-Gesundheitsforschung–Gesundheitsschutz, 60

[11] Braun H, Breuer C, Geyer H et al (2014) Nahrungsergänzungsmittel, Flyer DOSB Deutscher Olympischer Sportbund, Geschäftsbereich Leistungssport

[12] Parr, M. K., Schmidtsdorff, S., & Kollmeier, A. S. (2017). Nahrungsergänzungsmittel im Sport–Sinn, Unsinn oder Gefahr. Bundesgesundheitsblatt-Gesundheitsforschung–Gesundheitsschutz, 60.

[13] Parr, M. K., Schmidtsdorff, S., & Kollmeier, A. S. (2017). Nahrungsergänzungsmittel im Sport–Sinn, Unsinn oder Gefahr. Bundesgesundheitsblatt-Gesundheitsforschung–Gesundheitsschutz, 60.